FTC – Sommercamps für Kinder und Jugendliche –
ein Focus für Teambildungsprozesse und Integration in den Verein

1.                  Vorbemerkung und Einführung

Der Flensburger Tennisclub unterstützt und forciert seit vielen Jahren Teambildungsprozesse zur Förderung der Mitgliederbindung und Mitgliedergewinnung durch gezielte Anwerbung im Kindergarten, in der Schule und in geschlossenen Wohngebieten. Diese Prozesse und deren Umsetzung werden durch Förderung des Sozialverhaltens im Grundsätzlichen und in Projekten systematisch arrangiert.

Das hat jetzt dazu geführt, dass der Verein in den letzten beiden Jahren wieder einen Mitglieder-Zuwachs im Jugendbereich verzeichnet, der trotz hoher Alterslastigkeit im Wohngebiet und dem demografischem Wandel eine positive Entwicklung genommen hat, mit weiterhin steigender Tendenz nach oben. 

Der Flensburger Tennisclub hat gegen den allgemeinen Mitgliederrückgang in Tennisvereinen seit einem Jahrzehnt Teambildungsprozesse als wesentliche Maßnahme zur Mitgliederbindung und zur Kompensierung  von Mitgliederrückgängen in den Vordergrund seiner Bemühungen gestellt .

Hierbei hat sich der Verein Ziele gesetzt, die vor allen Dingen im Jugendbereich auch perspektivische Entwicklungen über die Zeit im Tennisclub hinausgehend in Betracht ziehen.

So wurden Projekte und Handlungsweisen entwickelt, die das Sozialverhalten in der Gemeinschaft im Fokus haben. Dieses wiederum mit der Absicht in Teambildungsprozessen langfristigen Zusammenhalt von Gemeinschaften zu fördern, die mit ihrer Identifikation zueinander die Kernzellen des Vereinslebens und des Vereinsbildes nach innen und außen sind.

Mit diesem Ansatz geht der Flensburger Tennisclub in die umliegenden Schulen und Kindergärten sowie in die einzelnen Stadtteil-Wohngebiete, um schon hier Kleingruppen, die sich untereinander kennen, für den Tennisclub werben. Diese werden dann schnell durch und in Projekte integriert, wobei besonderer Wert darauf gelegt wird, dass durch Sozialverhalten ein ausgeprägtes Teamverständnis  erreicht wird, das es jedem Jugendlichen ermöglicht, sich in dem Verein wohl zu fühlen. Nicht ohne Grund hat dabei das Motto des Flensburger Tennisclubs

„ Tennis und ein bisschen mehr“

einen besonderen Stellenwert, mit dem Hintergrund, dass nicht nur der leistungsstarke Tennisspieler seine Anerkennung im Club findet, sondern jeder Einzelne, der aufgrund seiner individuellen Erscheinung und Fähigkeiten im Team seine Rolle findet.

Dieses Gefühl vermitteln wir durch ein breit angelegtes Angebot in unseren Projekten, in denen das Teamerlebnis im Vordergrund steht.

Die Resonanz und die Ergebnisse dieser Projekte haben uns in unserer Vereinsarbeit bestätigt und dazu geführt, dass die Projekte nach innen und außen Anerkennung finden und auch von der Wirtschaft in vielfältiger Weise durch Sponsoring und Praktikumsplätze für die Jugendlichen honoriert werden.  

Durch unsere Fokussierung auf das Sozialverhalten und die Förderung individueller Eigenschaften im Rahmen von Gruppenerlebnissen sehen wir uns auch als Wegbereiter auf das spätere berufliche Leben, in dem heute bei dem ständigen Wandel Teamfähigkeit mehr denn je gefragt ist .

2. Praktiziertes Sozialverhalten im Sommercamp

Zentraler Ausgangspunkt unserer Teambildungsprozesse ist ein Sommercamp, das seit einem Jahrzehnt durchgeführt wird und in dem mit großer Akribie und einem ausgefeilten Programm Teamverhalten durch Teamverständnis sowie den Willen zur Teamfähigkeit vermittelt werden. Kinder und Jugendliche in einer Alterspyramide zwischen 10 und 18 Jahren werden hier zusammen geführt

Die Zusammensetzung zwischen Jungen und Mädchen ist in etwa immer „pari pari“ und die jeweilige Gruppe besteht aus einer gewissen Anzahl von „Wiederholern“ und sogenannten „Erstlingen“. Besonders interessant sind hier die Beobachtungen bei den „Erstlingen“, die sich unterschiedlich verhalten bevor der Integrationsprozess beginnt. Hierbei gibt es die schüchternen und gehemmten Kinder, die sich am Anfang nicht so recht trauen, weil sie sich ihrer Fähigkeiten nicht bewusst sind oder weil sie vorsichtig sind, um nicht aufzufallen. Dann gibt es diejenigen, die gleich auf sich aufmerksam machen wollen, teilweise durch recht überzogene Verhaltensweisen. Diese beiden Gruppen sind in der Mehrzahl und dann gibt es vereinzelte Jugendliche, die „Soft-skills“ zum Sozialverhalten schon von zu Hause mitbekommen haben.

Durch Korrekturhilfen stellen sich erste Teamerlebnisse bereits nach 2 Tagen durch andere Verhaltensweisen ein, die dem Teamverständnis nahe kommen. Hierzu tragen vor allen Dingen praktische Übungen und Erlebnisse bei, die nachstehend beispielhaft aufgeführt sind und sich als Beleg auch in unserer beiliegenden Dokumentation befinden.

Beispiel 1: Brückenbau  

Zwei Gruppen mit jeweils ca. 15 Personen werden damit betraut, aus vorgefertigten Holzteilen eine Brücke über einen etwa 15-20 m breiten Fluss zu bauen, indem sie die Teile so zusammen fügen, dass sie ineinander bzw. zueinander passen. Ziel ist es, dass eine Person aus der Gruppe nach Fertigstellung der Bücke als Erster trockenen Fußes die andere Uferseite erreicht. Die Brücke ist schmal und ist nicht durch Pfähle abgestützt

Jetzt sind spezielle Fähigkeiten gefragt: handwerkliche, logische, findige Ideen, Überlegtheit, Geschicklichkeit beim Überqueren und die Fähigkeit, guten Vorschlägen und Ideen zu folgen. Vorschläge von Außen sind nicht zugelassen. Schnell zeigen sich die einzelnen Qualitäten in der Gruppe und ohne Hierarchien werden Entscheidungen getroffen, die von Wahrnehmungen und mehrheitlichen Meinungen nach aufmerksamer Verfolgung der Ideen und Vorschläge umgesetzt werden.

So kommt die Jüngste auf die Idee, dass man für eine bessere Stabilität und Schwimmfähigkeit der Brücke Plastikbehälter verwenden kann, in denen man am Tage zuvor anlässlich einer Kanutour seine Wertsachen und überflüssigen Kleidungsstücke verstaut hatte. Handwerklich konnte sie nicht so viel zur Herstellung der Brücke beitragen, aber ihre Idee und das schnelle Organisieren der Behälter als Ponton waren für die Gruppe Gold wert. Jeder in der Gruppe hatte seine Rolle gefunden und wenn es die Idee am Anfang war, sich ein langes Band zu besorgen, um die Breite des Flusses auszumessen um die Länge der Brücke daran anzupassen.

Das Ergebnis dieser Übung zeigt, dass sich ein Teambildungsprozess ohne vorgegebene Hierarchieebenen durch Akzeptanz individueller Fähigkeiten schneller vollziehen lässt.

Dieselbe Übung wird mit Managern von Unternehmen durchgeführt und nach Aussagen der Übungsverantwortlichen in der doppelten Zeit erledigt, weil fest stehende Unternehmenshierarchien oftmals kreative Prozesse durch eine festgefahrene „Entscheidermentalität“ nicht zulassen. Für alle Teilnehmer und die verantwortlichen Betreuer des Vereins bedeutet dieses Erlebnis einen wichtigen Schritt.

Beispiel 2: Sportabzeichen des Deutschen Tennisbundes

Zielvorgabe war, dass 30 Teilnehmer unterschiedlicher Leistungsstärke und Altersstruktur alle Übungen des gegebenen Anforderungsprofils in einer festgelegten Zeitspanne von 3 Tagen schaffen sollen . Der Übungsverantwortliche macht allen Teilnehmern klar, dass für den Ausgleich von Defiziten  Einzelner helfende Unterstützung anderer Teilnehmer gegeben wird, damit am Ende alle die Übungen erfolgreich abschließen können. Da die Übungen unterschiedliche Anforderungsprofile haben, kann z.B. auch der Kleinste und Schwächste dem Größten und Stärksten helfen, ihm zu zeigen, wie man den Ball bei einer Zielübung aus relativ kurzer Distanz in den Zielkreis werfen kann. Das fördert das Erkennen von unterschiedlichen Qualitäten, die Wertschätzung des Anderen und die Erkenntnis, „dass wir gemeinsam stark sind“.

Beispiel 3: „Slackline“-Übungen im „Tiefseegarten“

Jede Gruppe versucht, in einer bestimmten Zeit einen Parcours balancierend zu absolvieren.

Bei der ersten Übung wird deutlich, dass die Gruppe nur Aussichten auf Erfolg hat, wenn alle Teammitglieder sich gegenseitig helfen. Es nutzt dem Einzelnen nichts, wenn er den Parcours als schnellster überwindet, das Gruppenziel aber nicht erreicht und es keine Einzelwertung gibt. Schnell wird erkannt, dass sich gegenseitiges Abstützen im wahrsten Sinne des Wortes auszahlt, das Vertrauen wachsen und die Gruppenidentifikation Teambildungsprozess weiter voranschreiten lässt .

Beispiel 4: Kreativprozesse und individuelle Fähigkeiten

Diese werden speziell im Sommercamp täglich gefördert und finden ihre Anwendung bei Ball- oder anderen täglich stattfindenden Spielen in den unterschiedlichsten Formen, wobei die individuellen Fähigkeiten immer in das Teamergebnis eingebracht werden. Da wir im Camp Selbstversorger sind, ist Einfallsreichtum bei der Essenszubereitung, Essensauswahl sowie Getränke- und Erfrischungszubereitung gefragt. So werden Mix-Getränke in der Vielfalt der Geschmacksrichtungen kreiert, Speisen aus unterschiedlich vorhandenen Vorräten, zum Teil auch mengenmäßigen Resten zusammengestellt. In jedem Falle wird auf die Geschmacksneigungen der gesamten Gruppe geachtet und nicht die eigene Geschmacksrichtung in den Vordergrund gestellt.

Höhepunkt der Kreativanforderung und des Einbringens von individuellen Fähigkeiten in einen Teamprozess sind die Gruppenauftritte an einem Galaabend. Dieser findet jeweils zum Abschluss einer Campwoche statt und ist mit einem bunten Reigen von Vorführungen, Kabarett-, Tanz-, Gesangs-, Artistik-, Entertainment- und anderen Auftritten eine geschlossene Teamleistung, die von allen Beteiligten mit großem Einsatz vorbereitet und durchgeführt wird. In der ganzen Woche erkennen die Jugendlichen die  individuellen Fähigkeiten ihrer Mitbewohner aus der jeweiligen Hüttenbelegung, die als solche auch am  Galaabend in den jeweiligen Programmbeitrag eingebracht werden, der zumeist in Vierer- oder Fünferbelegung stattfindet.      Das Ergebnis ist ein krönender Höhepunkt von  Teambildungsprozessen, der sich in der Woche mit ständig steigendem Bewusstsein ausbildet. Diese Wirkung ist für das weitere Zusammensein im Tennisclub von entscheidender Bedeutung.

Ein mehr als eindeutiges Indiz für das Teamverständnis der Jugendlichen sind zwei als Dokumente beigefügte Ton- und Bildträger, auf denen alle Betätigungen beim Campaufenthalt, auch über die beschriebenen Beispiele 1 – 4 hinausgehend festgehalten sind. Aus der Erlebnisvielfalt ist unschwer erkennbar, dass sich eine Gemeinschaft zusammengefunden hat, deren Erlebnisse sie weit über das Camp hinausgehend verbinden.

Die DVD mit der Intonierung eines selbst getexteten Vereinsliedes ist gleichzeitig eine Liebeserklärung an den Verein und eine „Hommage“ an den Teambildungsprozess.

Eine im Camp entstandene Camp-Zeitung unter fotografischer und redaktioneller Mitwirkung der

Camp-Teilnehmer ist eine Gemeinschaftsarbeit und ein weiteres Dokument einer konstruktiven Zusammenarbeit, die durch den kommunikativen Umgang aus der sozialen Kompetenz aller Kinder und Jugendlichen in schon fast professioneller Weise ermöglicht wurde. Derartige Dokumente entstehen jedes Jahr in Teamarbeit.

 3. Reflektionen aus dem Sozialverhalten

Die praktizierte Schulung des Sozialverhaltens hat u.a. dazu geführt, dass der Verein eine Stelle für ein „Freiwilliges soziales Jahr“ eingerichtet hat, die derzeit von einem Jugendlichen aus dem Verein  besetzt ist. Dieser hat die zuvor beschrieben Inhalte aus seiner langjährigen Zugehörigkeit zum Verein und als Mitglied der „91-er-Generation“ miterlebt und ist mit Begeisterung und großer Identifikation und Kompetenz bei der Mitwirkung zur Umsetzung  als idealer Multiplikator eingebunden..

Darüber hinaus empfinden es Kinder und Jugendliche als Selbstverständlichkeit, den Erwachsenen und speziell den älteren Mitgliedern bei der Umsetzung von Veranstaltungen jeglicher Art unterstützend zur Seite zu stehen, egal ob es Platzdienste oder Reinigungsdienste, die Vorbereitung und Durchführung von Festen und Jubiläen oder Patenschaften für Hilfsbedürftige oder Neuankömmlinge sind.

 4. Schlussbemerkung

Das  Sozialverhalten der Jugendlichen, auf dessen Förderung der Verein bei seiner Jugendarbeit und der Projektauswahl besonderen Wert  legt, ist  der Schlüssel für die Integration von Neumitgliedern und die Mitgliederbindung im Rahmen sich anschließender Teambildungsprozesse. Diese Teambildungsprozesse sind Garanten für das Zusammenwachsen und den Zusammenhalt längerfristiger Gemeinschaften.

So halten diese meist bis zum Ausscheiden aus dem Schulbetrieb und Jahrzehnte darüber hinaus.

Diese Gemeinschaften können sich aus unterschiedlichen Anforderungen aus den sportlichen Zielsetzungen ergeben, so ist der Jahrgang 91 noch heute zusammen und war auch sehr erfolgreich in seiner sportlichen Zielsetzung als Mannschafts-Landesmeister. Andere Jahrgänge haben trotz des geringeren sportlichen Erfolgs denselben Zusammenhalt, der immer wieder aus dem Teamerlebnis und dessen vorrangigem Vereinsbestreben heraus gefördert wurde.

Alle aus dem Camp heraus gemeinsam entstandenen Produkte (CD, DVD und  Camp-Zeitung) sind nachhaltige Zeugen gemeinsamer Erlebnisse mit nachhaltiger Wirkung aus den Teamerlebnissen und Teamentwicklungsprozessen, die auch über die Zeit im Tennisclub hinausgehend, wie einführend bereits angesprochen, lang anhaltende Wirkung auf das Verhalten im beruflichen und privaten Lebensbereich haben.

Der zentrale Ausgangspunkt und die Keimzelle für Teambildungsprozesse ist das Sommercamp, das nach  wechselnden Standorten in der Vergangenheit, in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Dänemark neue Reiseziele plant.

Das sind neue Herausforderungen an das gesamte Team in die alle, sowohl Kinder und Jugendliche, als auch das Betreuer- und Trainerteam ( mit Finn Thomasky, Irina Keil und bis zur Mutterschaft Kristina Kunstmann ( verh. Lommatzsch ) ihre soziale und organisatorische sowie fachliche Kompetenz und den hervorragenden Umgang Miteinander in hohem Umfang einbringen.

 Guido Neumann ( Projektverantwortlicher der Sommercamps )